“Großer Andrang bei der Kinder-Uni in Frankfurt” (Frankfurter Rundschau)

/ Oktober 6, 2022

https://www.fr.de/frankfurt/grosser-andrang-bei-der-kinder-uni-in-frankfurt-91829848.html

Bericht von: George Grodensky

Die Kinder dürfen mit farbigen Zetteln abstimmen.
Die Kinder dürfen mit farbigen Zetteln abstimmen. © Monika Müller

Erst auf Toilette, dann den Frieden erforschen. Zahlreiche Jungen und Mädchen erfreuen sich am Dienstag über den Auftakt der Kinder-Uni auf dem Campus Westend der Goethe- Universität.

Ach Gott, Kinder! Da haben sie eine lange Vorlesung über Krieg und Frieden hinter sich, und wollen trotzdem noch mehr lernen. Eine Traube bildet sich am Stand des Experiminta Science Centers, im Foyer des Hörsaalgebäudes, Campus Westend der Goethe-Uni. „Dürfen wir noch ein Experiment machen“, löchern die Jungen und Mädchen ihre Lehrerin. Sie dürfen.

Die Experimente sind Zubrot bei der Kinder-Uni. Noch die ganze Woche locken Vorlesungen zu aktuellen Themen in den Audimax, den großen Hörsaal. Bis zu 1200 Studierende passen da hinein. So voll ist es selten. Meistens macht die Uni über eine Trennwand zwei Hörsäle daraus. Am Dienstagmorgen, 9 Uhr, ist die Wand weg und nahezu jeder Platz besetzt. „Wir haben sogar mehr als 100 Klassen absagen müssen“, sagt Unisprecherin Anke Sauter gleichermaßen erfreut über die Resonanz wie betrübt, dass manche Klasse leer ausgeht.

Schon vor 9 Uhr herrscht ungewöhnliches Gewusel auf dem Campus Westend. So viel Bewegung ist selten um diese Uhrzeit. Gelächter erfüllt die imposante Grünanlage, bunte Farbtupfer rennen über die Wiese. Grüppchen lagern am Brunnen, am Kunstwerk Body of Knowledge. Zwei Mädchen stehen andächtig vor dem Adorno-Denkmal und überlegen, wie das „Ding da“ auf dem Schreibtisch heißt. „Ich hab das auch für meine Blockflöte“, erklärt das eine Mädchen. Sie meinen wohl Adornos Metronom.

Zeit für ein Gespräch mit der Presse hat niemand, es gilt, schnell nochmal alle aufs Klo zu leiten und dann gute Plätze zu suchen. Das läuft besser als zur eigenen Studienzeit, sinniert der Reporter. Hilfskräfte unterstützen die Klassen, sich im Saal zu verteilen. Nach der Vorlesung geht es entspannter zu. Die 5b der Offenbacher Marienschule sortiert sich an der frischen Luft. Das Erlebte war bereits spannend, es stehen aber noch eine Führung über den Campus an und ein Mittagessen in der Mensa.

„Es ist besser etwas zu teilen, als es zu zerstören“, fasst Leonore die Botschaft des Tages zusammen. Und: Lieber miteinander reden, als übereinander schimpfen. Ein Erlebnis ist der Ausflug auf jeden Fall, sagen die Mädchen. Alleine schon, weil der Uni-Campus so viel größer als ihre Schule ist. Beeindruckend ist der volle Hörsaal. Sie sind ja nur 24 in der Klasse.

Die Dozentin sagt, ein Frieden hält am besten, wenn Frauen und Mädchen an den Verhandlungen beteiligt sind, betont Lehrerin Kerstin Sartowski einen weiteren Reiz der Veranstaltung. Das hören die Marienkinder besonders gerne. Immerhin besuchen sie eine reine Mädchenschule.

Außerdem ist die fünfte Klasse frisch zusammengewürfelt. „Die Kinder kennen sich erst seit vier Wochen“, erklärt Lehrerin Stephanie Schilz, warum die Gruppe die weite Reise aus Offenbach antritt. „Sie kommen aus verschiedenen Grundschulen.“ Da ist ein Ausflug probates Mittel, die Gruppe zueinander zu führen.

Die 4a der Grundschule am Eichwäldchen in Oberursel ist ebenfalls begeistert von der Kinder-Uni. „Wir saßen relativ weit vorne“, sagt Sozialpädagogin Nathalie Habig. So hätten die Kinder sich einbringen können, auch etwas ins Mikrofon sprechen. „Das war total motivierend.“

„Der Vortrag war auch kindgerecht“, lobt Lehrerin Nadja Valente, die Dozentin habe die Kinder sehr gut abgeholt. Tatsächlich fasst Friederike das Fallbeispiel adäquat zusammen, den Streit ums Baumhaus, den es zu entschärfen gilt. Siehe: teilen statt zerstören. „Wir haben Abstimmungen mit farbigen Zetteln gemacht“, unterstützt Janna die Kameradin beim Rapport. Berra freut sich derweil übers weitere Programm: „Wenn wir uns benehmen, gibt es für alle ein Eis.“

Ob sie denn später auch mal studieren wollen? „Weiß ich noch nicht“, sagt Felina dazu ehrlich. Ist vielleicht auch noch zu früh, das zu entscheiden. Findet Fynn nicht: „Auf jeden Fall“ werde er studieren, posaunt er heraus. Es sei denn, er werde vorher Fußballprofi.

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